30112014

20 Grad im November

Die Woche war stressig, sehr stressig. Aus diesem Grund brauchte ich ein entspanntes Wochenende, was ich auch bekommen habe. Wunderbar war der Herbstspaziergang am Sonntag. Ich saß auf einer Parkbank und schaute 2 Stunden lang einfach nur durch die Gegend. Neben mir saß ein Mann, der noch da saß, als ich schon wieder ging. Er starrte die ganze Zeit auf den Boden. Nach einer halben Stunde kam ein Obdachloser vorbei und drückte mir eine Rose in die Hand. Ich beschloss meine Katjes Hasen mit ihm zu teilen. Meine Kamera war auch dabei. Nach mehr als 100 Tagen im Ausland bin ich in der Alltagswolke angekommen. Für vieles habe ich keine Zeit mehr, denn die Zeit rauscht an mir vorbei. Aber dieses Wochenende konnte ich meine Kamera mal wieder ausführen. "Selma, komm wir müssen weiter", höre ich oft, wenn ich mal wieder minutenlang vor einem Gebäude stehe. Diesmal nicht. Ich konnte 20 Bilder von demselben Blatt machen und habe mich dabei in ein Blatt verliebt. Kann man sich in ein Blatt verlieben? Es hat mir Freude gemacht, aus diesem Grund habe ich es mitgenommen.

Mittlerweile ist auch meine Seifenblase geplatzt, meine rosa Brille zerbrochen. Im Ausreisekurs sprachen wir von einer Art Welle, nach der der Freiwilligendienst verlaufen kann. Ich bin in keinem Tief angekommen, aber dennoch werden die Schmetterlinge in meinem Bauch langsam müde vom Fliegen. Trotzdem bin ich so unfassbar glücklich hier. Quasi jeden Tag laufe ich grinsend durch die Gegend, einfach so.

Immer wieder werde ich nach der Roma Situation hier gefragt. Anfangs sind sie mir gar nicht aufgefallen, was komisch ist, da sie mit ihren langen bunten flatternden Röcken alles andere als unauffällig sind. Aber mittlerweile erkenne ich manche sogar wieder. Es gibt viele Roma in der Stadt, sowohl welche, die sehr reich aussehen, als auch welche, deren Taschen nicht so gefüllt sind. Es gibt ein paar Kindergruppen, die immer wieder durch die Stadt ziehen. Ich sehe sie beim Kleber schnüffeln und nach Zigaretten fragen. Sie sind dreckig und tragen zu wenig und zu kleine Kleidung. Ihre Mutter sind klein und schmal, tragen oft Plastiktüten mit sich herum. Sie sitzen meist an den gleichen Stellen. Dann sehe ich die großen Familien. Viele Frauen in langen glitzernden Röcken mit ihren bunt geschmückten Kindern. Meist sind sie sehr kräftig und wirken gut genährt. Man trifft sie in Cafés und bei McDonalds. Wenn sie dort eintreten, merkt man es sofort. Sie reden meist schnell und lautes ungarisch. Die Männer ordentlich gekleidet mit großen Hüten auf dem Kopf. Unglücklicherweise arbeite ich nicht mit Roma zusammen. Es ist schon so, dass man erkennt, wer Roma ist und wer nicht. Mich stören sie nicht, auch wenn sie nach Geld fragen. Dennoch ertappe ich mich selbst dabei, wie ich meine Tasche auf den anderen Stuhl lege, wenn eine Großfamilie ins Café eintritt, wie ich meine Einkäufe fester an mich heran drücke, wenn ich auf dem Flohmarkt durch eine Großfamilie Romas laufe. Und sie fallen schon auf, alleine durch ihre Lautstärke. Anfangs musste ich sie immer angucken, weil die reichen Roma so wunderschön gekleidet sind. Sie sind zurecht gemacht, wie ein schöner Pfau oder ein kitschiger Weihnachtsbaum, ich finde das sehr faszinierend.
Meine Mitfreiwillige Betty hat einen sehr schönen Artikel geschrieben, den ich nicht besser hätte schreiben können: http://bettyinsibiu.wordpress.com/

es gibt so wunderschöne Häuser hier


wir sind nun Freunde

wenn der Zaun grüner als die Bäume sind..


auf dem Markt

Einkaufen auf dem Flohmarkt

...dann bricht der Herbst ein
manuelles Marosvásáhely









die Schule, an der ich unterrichte

die Schule, an der das Seminar war


26112014 Philothea

Inzwischen unterrichte ich vier Deutschkurse im Philothea. Montags nachmittags habe ich nun noch einen Fortgeschrittenenkurs und Mittwochs 2 Anfängerkurse.
Ab dieser Woche unterrichte ich auch noch in einer Schule. Die Schule hatte mich kontaktiert, weil sie seit Jahren eine Freiwillige suchen. Deshalb bin ich letzte Woche Freitag in die Schule gegangen und habe die Direktorin kennen gelernt. Mit dem Satz "mit dir wäre unser Team komplett" war es um mich geschehen und ich erklärte mich dazu bereit noch ein drittes Projekt anzunehmen. Diese Woche Freitag habe ich dann das erste Mal unterrichtet. Es war ein sau komisches Gefühl auf einmal auf der anderen Seite des Klassenzimmers zu stehen. Das Colegiul National Unirea besteht aus 1235 Schülern. Hier gehen sowohl ungarische als auch rumänische Kinder zur Schule. Allerdings werden sie in verschiedenen Sektoren unterrichtet. Aber man gebe sich Mühe die Gruppen auch zu mischen. Es unterrichten 76 Lehrer und Lehrerinnen in dem alten Gebäude. Die Schule ähnelt keineswegs einer deutschen Schule. Bei Gelegenheit werde ich mal versuchen ein paar Fotos zu machen. Unglücklicherweise ist das Gebäude Eigentum der katholischen Kirche, die eigentlich lieber eine rein ungarische Schule hätte.
Als erstes unterrichtete ich eine 6. Klasse. Mit ihnen spielte ich viele Spiele, bei denen sie gleichzeitig die Vokabeln wiederholten und gab ihnen so eine kleine Auszeit von dem Tafelunterricht. Danach ging es für mich in eine 10. Klasse. Hier war ich wirklich überrascht, da die Schüler sehr schüchtern und ruhig waren. Nachdem ich mich vorgestellt hatte und einige Fragen beantwortet hatte, spielte ich auch mit ihnen ein Spiel. Danach ließ ich ein paar Präsenssätze in andere Zeiten übersetzen. Zuletzt war ich mit der Direktorin in der 9. Klasse. Hier konnte ich mich mit einigen Schülern wirklich gut unterhalten. Bis jetzt habe ich einen guten Eindruck von der Schule.
Außerdem war ich diese Woche auf einem Seminar. Es wurde in einer anderen Schule von zwei Deutschlehrerinnen gehalten. Sie stellten mir und ca. 30 anderen Deutschlehrern Unterrichtsmethoden zur Einbindung von typisch deutschen Festen vor. Ein wirklich spannender Nachmittag!
Diese Woche waren Ferien für die Grundschüler in Rumänien. Deshalb hat der Philothea Klub beschlossen ein Ferienprogramm anzubieten. Ich war hierfür für die Basteleinheiten verantwortlich. Aus diesem Grund habe ich diese Woche echt viel gearbeitet.
die Teeküche
hier werden die Teamtreffen abgehalten
zu verkaufende Bücher
der Arbeitsplatz meiner Kollegin
der Unterrichtsraum

23112014 Halloween

HALLOWEEN in Transsilvanien
Am Freitag haben wir eine kleine Halloweenparty bei uns geschmissen. Eingeladen waren viele Kollegen, aber auch nette Bekanntschaften, die wir hier schon gemacht haben. Denn wer denkt, dass in Transsilvanien an Halloween unglaublich viel los sein müsste, der irrt. Dadurch, dass die meisten hier sehr gläubig sind, wird Halloween so gut wie gar nicht gefeiert. Nur die jüngere Generation veranstaltet hier und da eine Party. Der Freitag war ein voller Erfolg!


An Allerheiligen ging es Abends auf den Friedhof. Ich entwickel hier wirklich ein Faible für Friedhöfe! Es war so wunderschön, dieses Lichtermeer aus Grablichtern und Teelichtern. Überall roch es nach Tannenzweigen und Blumen, die die Menschen auf die Gräber gelegt hatten. Ich habe mir die Freude gemacht und Teelichter auf die einsam aussehenden Gräber gestellt. Und außerdem die vom Wind ausgepusteten Kerzen wieder anzuzünden. Es war eine unbeschreiblich schöne Atmosphäre.










Ich wollte unbedingt mal einen Gottesdienst hier besuchen. Deshalb sind wir Sonntag morgen in eine ungarische-reformierte Kirche gegangen. Der Gottesdienst unterschied sich jedoch nur im Detail von denen, die ich kenne. Es waren sehr viele ältere Menschen anwesend und wirklich niemand unter 30 Jahren. Leider wurde auch genauso lieblos gesungen wie in Deutschland. Auch die Lieder klangen alle so, als hätte man sie schon X-Mal in Deutschland genauso gehört. Trotzdem ein schönes Erlebnis und ich werde auf jeden Fall noch weitere Kirchen besuchen!

Außerdem war ich dieses Wochenende das erste Mal hier im Theater - und vorerst wohl auch erstmal das letzte Mal. Es war mit Abstand das schlechteste Stück, was ich je gesehen habe. Glücklichweise war es so schlecht, dass ich mich vor lachen kaum halten konnte. Wir hörten Carmina Burana- oder auch nicht, denn die Musik kaum aus einer Soundanlage. Dazu stellt man sich 28 "Tänzer" vor die Räder und Purzelbäume über die Bühne schlagen. Mein persönliches Highlight war, als eine große Menge Springseile, wie hingeworfen von der  Decke fielen. Zwischendurch wurden die 15 Frauen in Schubkarren über die Bühne gefahren und die Männer versuchten sich in Hebefiguren. Ganz nach dem Motto "Ist das Kunst oder kann das weg?" - naja ich hatte meinen Spaß!

20112014

die Seifenblase platzt 

Natürlich verläuft hier nicht alles nur negativ. Im Ausreisekurs haben wir uns jedoch mit dem Problem der „Single Story“ befasst. Das Problem ist nämlich oft, dass die Menschen, die unsere Geschichten lesen, nur diese Geschichten lesen und so wird das was uns passiert auf das ganze Land oder alle Menschen projiziert. Außerdem weiß ich natürlich nicht, wer den Blog liest. Dennoch möchte ich heute mal auf ein paar negative Dinge hier eingehen.

1. Natürlich kommt es zu Missverständnissen. Nicht nur durch die Sprache, sondern auch durch verschiedene Vorstellungen und Mentalitäten. Häufiger hatte ich jetzt auch schon das Problem, dass ich mich mit Menschen hier unterhalten habe, von denen ich dachte, dass sie wirklich gut Deutsch können. Leider stellte sich dann aber heraus, dass sie viel besser sprechen können, als sie verstehen.  Auch habe ich gemerkt, dass hier zwar viele gut deutsch sprechen können, jedoch aber sehr große Ausdrucksprobleme haben, die einen Satz, der vielleicht ganz anders gemeint war, ziemlich streng oder gar beleidigt klingen lassen.

2. Aufgefallen ist mir, dass man hier nicht so direkt ist. Man sagt sich hier nichts direkt ins Gesicht sondern umschreibt es lieber kompliziert oder erwähnt es gar nicht. Dies ist für uns Freiwillige sehr anstrengend, weil wir nicht wirklich wissen, ob wir gemocht werden, oder nicht. Man sagt zwar den deutschen nach, dass wir kühl seihen, aber ich denke, wir sind auch ehrlich und wenn wir jemanden dann mal wirklich mögen, dann zeigen wir dies auch.

3. Ganz anders habe ich mir hier auch die Mentalität vorgestellt. Obwohl ich vor dem FSJ noch nie in Rumänien war, hatte ich irgendwie die Vorstellung, dass die Menschen hier sehr herzlich und man irgendwie sehr viel Liebe spürt. Dem ist aber nicht so. Es wird auffällig wenig gelacht auf den Straßen, von den Rumänen noch weniger als von den Ungarn. Die Menschen eilen quasi wie in Deutschland durch die Straßen. Man sieht hier auch wenig Spaziergänger. Wenn ich mich an Pristina im Kosovo zurückerinnere fallen mir direkt die ganzen Familien ein, die zusammen durch die Stadt gelaufen sind. Hier sieht man nur Frauen mit ihren Kindern und Männer die alleine unterwegs sind. Generell habe ich das Gefühl, dass die Menschen in meiner Umgebung viel arbeiten.

4. Es ist wirklich schwierig hier Leute kennen zu lernen. Wie bereits erwähnt, sind die Männer hier generell nicht an Freundschaften interessiert. Außerdem hat man das Gefühl, die Rumänen bleiben generell lieber unter sich. Dies bestätigen mir auch die ausländischen Studenten. Die Ungarn sind zwar alle recht freundlich, aber hier weiß man, wie oben beschrieben, auch nie, woran man ist.

5. Eines meiner persönlich größten Probleme ist das Sprachproblem. Es ist einfach hart, wenn man sich jeder Woche nach der Arbeit noch zum Ungarisch Unterricht (welcher wirklich Spaß macht, aber nach der Arbeit ist es wirklich ein bisschen viel) schleppt und einfach nicht weiterkommt. Ich bin nun 3 Monate im Ausland, lerne und übe wirklich viel und kann immer noch kaum einen geraden Satz bilden. Jetzt erste lerne ich die Verben konjugieren. Und es ist so deprimierend, wenn man die Sachen hier einfach nicht anwenden kann. Genauso deprimierend ist es übrigens, dass ich kein rumänisch spreche. Die Leute auf der Straße sprechen mich an und ich habe keine Ahnung.

6. Leider ist es hier auch nicht wirklich üblich sich gegenseitig zu loben oder einfach mal etwas Nettes zu sagen. Das Gefühl der Müdigkeit des Erklärens kommt auf, was auch verständlich ist, wenn man als Einsatzstelle schon seit über 5 Jahren Freiwillige hat. Für mich ist dies aber natürlich demotivierend. 

16112014

Oft kommen Sponsoren in das Durcas Kinderheim. Meistens sind sie aus den Niederlanden und sehr interessiert an Rumänien und auch an meiner Arbeit. Sie spenden sehr viel Geld, bauen Schulen und starten kleine Projekte in den Dörfern. Zum Beispiel haben Sponsoren, die ich am Freitag kennen lernen durfte, mir von einem Ziegen Projekt erzählt. Dazu haben sie vor drei Jahren 25 Ziegen gekauft und jeweils fünf an fünf Familien in Dörfern verschenkt. Diese sollten dann die Zicklein weiter an andere Familien verschenken.

Mein Mitfreiwilliger Dirk hat mich besucht. Gemeinsam haben wir eine kleine Kirchentour durch Targu Mures gemacht! Denn davon gibt es wirklich viele hier. Alleine im Zentrum sind zwei große orthodoxe Kirchen und eine katholische Kirche. Leider hatte ich bis jetzt noch nicht die Möglichkeit hier einen Gottesdienst zu besuchen, aber dies steht auf jeden Fall auf meiner Liste!





Außerdem war im Zentrum eine kleine Präsentation. Gefühlt hat die Stadt Targu Mures alle ihr zu Verfügung stehende Kräfte und Fahrzeuge am Sonntag in der Innenstadt vereint. Die Menschen waren begeistert. Die Kinder hatten die Möglichkeit sich die Waffen und die restliche Ausrüstung anzuschauen und ein paar Erste-Hilfe Griffe zu lernen. Die ganze Parade natürlich immer Begleitet von der rumänischen Flagge und der rumänischen Nationalhymne, was hier in Targu Mures, was ja zu 50 % von Ungarn bewohnt ist, immer einen leicht bitteren Beigeschmack hat.



Am Samstag Abend wurde übrigens im hauseigenen Theater der Theateruniversität hier ein deutscher Filmabend veranstaltet! Mit PINA von Wim Wenders als Hauptfilm. Ihr könnt euch meine Begeisterung natürlich vorstellen.
https://www.youtube.com/watch?v=_Z9Ptj6dhJo&list=PL2DC518BF11E4DFD7&index=17


Davon, dass man..
- ...für manche Sachen muss man nach Rumänien gehen, um sie zu finden. Zum Beispiel für die perfekte Jeansjacke. Umgerechnet 4€ im Second Hand Laden.
- ...ein Lebensgefühl leider nicht per Whatsapp verschicken kann
-...manchmal in Targu Mures aus Versehen spanisch spricht, weil man einfach überhaupt nicht mehr weiß, mit wem man welche Sprache sprechen soll


13112014 - SIBIU

Sibiu - Nagyszeben - Hermannstadt

Reisen in Rumänien ist so eine Sache. Normalerweise besucht man Städte um sich etwas anzuschauen. Keiner fährt nach Paris, ohne sich den Eiffelturm anzugucken, keiner besucht Köln ohne den Dom zu besichtigen und eine Schwebebahnfahrt ist, wenn man in Wuppertal ist, sowieso Pflicht. Doch ich habe festgestellt in Rumänien ist das anders. Zwar gibt es in Bukarest das Parlament, um das man einfach nicht herumkommt, dennoch reist man anders in Rumänien. Selten gibt es in den Städten DAS Bauwerk, was man sich angucken muss. - Man schlendert durch die Städte. Reisen ist hier wieder ein Genuss. Es gibt nicht den Druck, dass man irgendetwas gesehen haben muss. Man selbst wird wieder zum Entdecker von schönen Parks und bunten Häusern. 

Sibiu hat mir wieder unheimlich gut gefallen. Durch die Ober-und Unterstadt erinnert es stark an Sighisoara, dennoch ist es viel größer. Die anderen Targu Mures Freiwilligen und ich fuhren Samstag mit dem Auto dorthin. Wir brauchten ca. 2,5 Stunden und es war eine wirklich schöne Strecke! Im Baedeker- Reiseführer werden Sibiu ganze 18 Seiten gewidmet und dies bestätigt nur, dass es wirklich viel zu sehen gibt. In der Stadt leben ca. 170000 Menschen, unter ihnen auch ein paar Freiwillige, die wir natürlich besucht haben. Ansonsten beeindruckt die Stadt mit unglaublich vielen schönen Gebäuden und Parks. Eine Stadt zum verlieben! Besonders die zwei großen Plätze gefallen mir sehr!


das ist die Lügenbrücke, wenn man auf ihr lügt, bricht sie ein! 

die evangelische Kirche, die leider seit Jahre renoviert wird, sodass man sie nicht besuchen kann













eine Hochzeit in der orthodoxen Kirche